Jugendpflege Raubling

Conni Lechner

Gespräch mit Anna Klein, Jugendpflegerin der Gemeinde

Anna Klein ist schon in der Jugendarbeit tätig, seit sie 18 Jahre alt ist, in Raubling ist sie seit 2009 die Ansprechpartnerin für alles, was mit Jugend zu tun hat.

„Der große Vorteil hier in der Gemeinde ist, dass erkannt wurde, der Jugend einen Platz einzuräumen, also dass Jugend in die Mitte gehört und nicht an den Rand der Gesellschaft.'' So wurde im Zuge der Erneuerung des SRGB Sozialgesetzbuches VIII festgelegt, dass Jugendarbeit inklusiv sein muss. „Das waren wir vorher auch, aber im Jugendtreff Gebäude hatten wir noch keinen barrierefreien Zugang für Gehbehinderte. Jetzt hat die Gemeinde sofort reagiert, nachdem wir gesprochen haben und komplett umgebaut, und so ist es auch in anderen Belangen: wir werden ernst genommen und umgekehrt.”

Wie gehen Sie in Krisensituationen vor?

„Pauschal kann man das nicht sagen - in meinen Augen ist Jugendarbeit das schönste Aufgabengebiet, das man sich vorstellen kann, weil es nichts gibt, was es nicht gibt. Wir hatten schon Obdachlose Jugendliche, also zeitweise nicht wussten, wo sie hinsollen, massive Streitigkeiten mit den Eltern, Jobsuche etc. …Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man ruhig bleibt, der Fels in der Brandung ist, die Situation mit den Jugendlichen zusammen meistert und auch klarmacht, das Angebot ist freiwillig, d.h. es muss nicht angenommen werden, was ich vorschlage. Die Jugendlichen schätzen, dass wir klar unsere Meinung äußern, und wir schimpfen sie auch manchmal, aber sie wissen auch, dass wir sie trotzdem mögen und da sind, weil wir eine Beziehung haben und diese wird nicht abgebrochen von unserer Seite her.”

Was ist die Basis der Zusammenarbeit?

„Vertrauen aufbauen, zuhören, zur Seite stehen. Chancengleichheit fördern, indem man Ihnen etwas zutraut und die Möglichkeit gibt, sich auszuprobieren. Ein schönes Beispiel: unsere U16-Partys, die wir vor Corona zweimal im Jahr veranstaltet haben. Der Wunsch kam aus der Gruppe von Jugendlichen, weil sie nie weggehen können, es gibt viel zu wenig Angebote für unter 16-jährige. Bei der ersten U16-Party waren schon 300 Jugendliche da. Die haben sich um alles gekümmert, standen hinter der Bar, haben Essen und Getränke ausgegeben, haben Musik aufgelegt und nach dem Fest zusammen mit dem Hausmeister der Turnhalle noch geputzt. Jugendliche haben coole Ideen, weil sie genau wissen, was sie wollen, ich weiß das nicht mehr” (lacht). 

Wie gestaltet sich die Vernetzung mit anderen Stellen in der Region?

„Im Inntal sind wir stark vernetzt, es gibt das Jugendhilfe Forum - alles, was mit Jugendhilfe und Jugendarbeit zu tun hat, trifft sich alle drei Monate. Natürlich kooperieren wir mit dem JAS-Mann an der Schule, es gibt jetzt einen Sozialarbeiter am Gymnasium, ich kenne hier einfach viele Leute und auch die Strukturen - wir arbeiten z.B. mit dem Bürgerbüro hier zusammen - auch über das Jugendamt und die kommunale Jugendarbeit, die berät auch Gemeinden. Bei der Diakonie treffen wir uns einmal im Monat mit den Teams, da sitzen wir im Inntal zusammen, wo ich auch die Bereichsleitung inne habe und da kriegen wir auch alles mit. Die Jugendlichen haben halt einfach Bock, irgendwas zu machen - und was so sie alles treiben, auch jetzt draußen: von wegen die sind unpolitisch, das ist ein Schmarrn, die halten uns nur gerade brutal den Spiegel vor, und das wollen wir (Erwachsenen) halt nicht hören. Teils spannend, das mitzuverfolgen und teils schade, wenn sie oft von der Politik schon fast erniedrigt werden und bei Fehlern gleich dafür gesteinigt werden. Wenn ich sowas mitkriege, werde ich echt sauer und es macht mich wütend, weil ich denke: das ist unfair - sie müssen ja in 30 oder 40 Jahren weiterleben, und das ist der jetzigen Generation wahrscheinlich schon ziemlich egal.

Fotos (c) Conni Lechner

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